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Giovanna hat weißes Haar, sehr lang und dick. Sie lebt in einer schönen Wohnung mit Blick auf den Fluss im Zentrum von Rom. Eine Fabrikarbeiterin im Ruhestand. In einer Zeit, in der alle dem Erfolg, der Popularität und der Freizeit hinterherjagen, lebt sie allein, spricht mit niemandem und fährt nie in den Urlaub. Ihre Tage folgen gleichmäßig und sorgfältig aufeinander, zwischen der Musik, die sie hört, um sich selbst zu vergessen, und den Romanen, die sie liest, um sich im Leben der anderen zu spiegeln. Sie ist weder glücklich noch unglücklich. Es ist, als lebe sie in einer grenzenlosen Verlängerung nach einem Spiel, das für sie früh endete – damals vor fast vierzig Jahren, im letzten Jahrhundert, als man vor lauter Eifer, die Welt zu verändern, so schwere Fehler machen konnte, dass sie nun für immer auf dem Gewissen lasten. Sie hat ihre Schuld gegenüber der Justiz beglichen. Doch wer eine Seele wie die von Giovanna hat, für den ist die Strafe nie genug. Ein bußfertiges Schweigen also, für das sie sich entschieden hat, ein Schweigen, das erst zerbricht, als eine Familie von Götterlieblingen in die Wohnung neben ihr einzieht, oder besser gesagt hereinbricht: Michele, ein ungestümer Musiker; Maria, schön und immer leicht unterbekleidet; Malcolm, ein Dreizehnjähriger, der sich für die Rettung des Planeten einsetzt, und Malvina, drei Jahre pures Glück. Giovanna beobachtet und bewundert sie zunächst, dann nimmt sie an ihrem Leben teil: als freiwilliges Kindermädchen, als gute Freundin, als stille und großzügige Präsenz. Und schließlich wird sie von der Nachbarsfamilie überwältigt, so wie es immer passiert, wenn die Liebe Schranken durchbricht und man sich verletzlich und nackt wiederfindet. Aber wieder lebendig. Ein ausgetrocknetes, nervöses Ich. Eine Erinnerung, die dem Leser nach und nach ein Bild von beunruhigender, schmerzhafter Süße offenbart.

Die Autorin beleuchtet einmal mehr das Porträt einer Frau, die sich mit den Qualen der Altersreife auseinandersetzt – wenn endlich alles geklärt ist und die Abrechnung für alle, die den nötigen Mut dazu aufbringen, zu einem neuen, verspäteten Anfang werden kann.


Die Journalistin und Schriftstellerin Lidia Ravera erreichte 1976 mit ihrem Debütroman Schweine mit Flügeln Bekanntheit, dem Manifest einer ganzen Generation und Longseller mit über drei Millionen verkauften Exemplaren in vierzig Jahren in Italien (heute auch als der Reihe Tascabili Bompiani). Sie schrieb dreißig erzählerische Werke. Sie arbeitete für Film, Theater und Fernsehen. Ihr neuestes Buch, ebenfalls im Verlag Bompiani, ist Tempo con bambina (2020).

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