L’isola dove volano le femmine

Alicudi, 1903. Caterina blickt auf den kalten Körper ihrer Zwillingsschwester Maria, der hart wie Brotkruste ist, und wird sich klar, dass ihr Leben sich für immer ändern wird. Maria war es, die für sie entschied, welche Gedanken richtig seien, und wer wird das jetzt an ihrer Stelle tun? Eine böse Krankheit hat sie fortgenommen, und alle in der Familie – von der Urgroßmutter, die nicht mehr gut sieht, aber alles versteht, bis zu Mutter Palmira, die zum vierten Mal ein Kind im Bauch hat, aber vor Schmerzen verrückt wird – glauben, es sei die Schuld von Ferdinando, der eine Strafe in der Burg auf der Nachbarinsel Lipari absitzt und Revolution machen will. Jetzt, da Maria nicht mehr da ist, ist zwar Caterinas Zimmer größer geworden, aber das Leben enger: Sie arbeitet bis Sonnenuntergang auf den Feldern von Don Nino, liefert in Salz eingelegte Sardinen aus und hilft der Mama bei der Hausarbeit, immer in Erwartung ihres Lieblingstages, an dem alle zusammenkommen, um den Brotteig zu kneten. Seit einiger Zeit treten allerdings an den Grannen des Roggens auf der Insel kleine kohlschwarze Hörner auf, die „Tizzonare“ genannt werden, Holzscheite. Am Anfang waren sie misstrauisch und wollten das herbe Brot nicht essen, aber jetzt gibt es nichts anderes, und so muss auch Caterina die harten Bissen hinunterschlucken, die nach Tod riechen. Aber vielleicht liegt in diesen armseligen Brocken der Schlüssel, um dieser zunehmend einsamen, bitteren Gegenwart zu entfliehen und sich den Majare anzuschließen, den Hexen, die auf der Insel leben und sich im Dunkel der Nacht frei in den Himmel erheben. Caterina weiß es nicht, aber sie ist nicht die einzige, die Dinge sieht, die dann im Nebel verschwinden. Für sie wie für alle siebenhundertdreizehn Arcudari wird der Moment kommen, an dem sie sich zwischen Realität und Traum entscheiden müssen.