Il tempo dei lupi

Die Wölfe kommen zurück. In den letzten Jahren hat ihre Population in ganz Europa exponentiell zugenommen. In Italien hat sie sich mehr als verzehnfacht und übersteigt mittlerweile an die zweitausend Exemplare. Immer häufiger werden sie in der Nähe von bebauten Gebieten, auf Weiden und am Waldrand gesichtet. Mit ihren Spuren tauchen auch alte Ängste wieder auf, die nie ganz ausgeräumt werden konnten. Ein Feind, den es zu verfolgen gilt, die Inkarnation des Bösen, eine Gefahr für die Ernte und die Herden: Als die Verstädterung voranschritt und die Wälder den Feldern Platz machten, wurden die Wölfe gejagt. Entweder von Armeen oder von den Bauern selbst, oft gegen Bezahlung durch öffentliche Einrichtungen. Man schätzt, dass allein in Frankreich im Jahr 1797 über fünftausend Wölfe getötet wurden. Ähnliche Massaker wurden in Deutschland, England und Italien verübt… Ein Gemetzel, das durch eine uralte Angst geschürt wurde, die sich vom Mittelalter bis in die Gegenwart erstreckt. Von der Frau aus Asturien, die im 17. Jahrhundert in der Lage war, Wolfsrudel zu befehligen, über den deutschen Jungen, der im 14. Jahrhundert von Wölfen aufgezogen wurde, bis hin zu der berühmten Geschichte des kleinen Mädchens mit roter Kapuze, das um das Jahr 1000 von einem Wolf gepackt und in das Herz des Waldes geführt wurde: Riccardo Rao führt uns durch historische Dokumente und Legenden bis in die Gegenwart, zu den makabren Funden von Wölfen, die in italienischen Wäldern erhängt wurden. Auf einer Reise durch Geschichte, Literatur, Psychologie und Biologie rekonstruiert Rao, wie der volkstümliche Aberglaube, die gelehrte Kultur der Kirchenmänner, aber auch die großen Umwälzungen in der Umwelt den Mythos des europäischen Wolfes erschufen. Ein Mythos, der nie so aktuell war wie heute.