Francesco Guicciardini in anderen Sprachen
Autor: Gianluca Valenti, Université de Liège
In den letzten Jahrzehnten feierte Francesco Guicciardini große und über die Landesgrenzen hinausgehende Erfolge. Im Ausland fand die größte Verbreitung auf frankophonen Gebiet statt: Die mehrjährige Ausgabe der Korrespondenz Guicciardinis, die noch in Arbeit ist, deren erster Band jedoch bereits 1986 von P. Jodogne veröffentlicht wurde, trug wesentlich dazu bei, den Ruhm des Florentiner Historikers über die Alpen hinweg zu verbreiten. Nur zwei Jahre später (1988) erschien die Übersetzung von Maximen und Reflexionen/Vom politischen und bürgerlichen Leben von J.-L. Fournel und J.-C. Zancarini.
Der Fünfjahreszeitraum 1994–1998 zeichnete sich durch eine intensive Übersetzungstätigkeit aus. In diesen Jahren entstanden folgende Werke: Maximen und Reflexionen/Vom politischen und bürgerlichen Leben, übersetzt von J. Méhu (1994); Histoire d’Italie (1996) und Écrits politiques, beide 1997 übersetzt von J.-L. Fournel und J.-C. Zancarini; le Considérations à propos des discours de Machiavel sur la première décade de Tite-Live (übersetzt von L. de Los Santos, 1997) und eine Neuausgabe von Maximen und Reflexionen/Vom politischen und bürgerlichen Leben (1998), mit Übersetzung von A. Pons und F. Bouillot.
Während des ersten Jahrzehnts des 21. Jh. kam die Übersetzungsarbeit an Guicciardinis Werken zum erliegen, ein Stillstand, der jedoch durch die Veröffentlichung der anastatischen Reproduktion der ersten französischen Ausgabe von Maximen und Reflexionen/Vom politischen und bürgerlichen Leben (1576) zusammen mit der Übersetzung aus dem 16. Jahrhundert, herausgegeben von V. Lepri und M. E. Severini, kompensiert wurde: Das 2005 erschienene Werk könnte als Modell für ähnliche Vorhaben in anderen europäischen Ländern dienen. Im Jahr 2017 hat Severini auch die kritische Ausgabe des zuvor in anastatischer Form wiedergegebenen Textes herausgegeben Diese globale Herangehensweise an Guicciardinis Werke, die größtenteils typisch französisch zu sein scheint, gipfelte in jener Zeit in der Übersetzung eines Triptychons wenig bekannter Texte für den Verlag Garnier, die sonst in keinem anderen Land veröffentlicht wurden: Consolatoria, Accusatoria et Defensoria (Trost, Anklage und Verteidigung) (von F. Courriol, 2013).
Außerdem soll auf die Anthologieausgabe L’expérience de l’autre: les premières missions diplomatiques de Machiavel, Vettori et Guicciardini hingewiesen werden, die Passagen aus Guicciardinis diplomatischen Beziehungen in Spanien (J.-M. Rivière, 2018) enthält.
Das nächste Land nach Frankreich, das sich durch seine unermüdliche Übersetzung von Guicciardinis Werken auszeichnet, ist Japan: In den letzten zwanzig Jahren wurden drei Ausgaben der Maximen und Reflexionen/Vom politischen und bürgerlichen Leben, veröffentlicht, herausgegeben vonN. Mitsuaki (1998 und 2018) und T. Sueyoshi (1998). Letzterem war es insbesondere zu verdanken, dass Guicciardini den Lesern im „Land der aufgehenden Sonne“ bekannt wurde: 1999 bereitete er die Übersetzung der Geschichte von Florenz und im folgenden Jahr die Dialoge über die Regierung von Florenz vor. Sein wichtigstes Ergebnis ist jedoch zweifellos die vollständige Übersetzung der Geschichte Italiens in neun Bänden, die – zwischen 2001 und 2007 erschienen – ein verlegerisches Unterfangen darstellt, das weltweit nur sehr wenige Äquivalente vorweisen kann.
In anderen Teilen der Welt war der Vorzug Schriften Guicciardinis intimer und aphoristischer Natur (insbesondere die Maximen und Reflexionen/Vom politischen und bürgerlichen Leben) gegenüber Texten mit historischem Hintergrund und größerem Anspruch auf Universalität, wie vor allem der Geschichte Italiens noch ausgeprägter. So hatten die Maximen und Reflexionen/Vom politischen und bürgerlichen Leben im spanischsprachigen Umfeld bereits 1988 das Privileg, übersetzt und von A. Hermosa Andújar herausgegeben zu werden. Allerdings kam es erst im letzten Jahrzehnt zu einer großen Reihe spanischer oder zweisprachiger Ausgaben: Bemerkenswert sind die Übersetzungen von Geschichte von Florenz, veröffentlicht 2012 in Mexiko von H. Gutiérrez García, von Diálogo sobre el gobierno de Florencia, herausgegeben von Hermosa Andújar (2017), das anthologische Werk Un embajador florentino en la España de los Reyes (herausgegeben von M. Teresa Navarro Salazar, 2017) und schließlich die sehr aktuelle Übersetzung von Maximen und Reflexionen/Vom politischen und bürgerlichen Leben, herausgegeben von M. Manzano (2020). In den gleichen Jahren führten die fruchtbaren Studien Guicciardinis in Spanien zur Veröffentlichung der anastatischen Reproduktion der 1581 von A. Flores di Benavides da Baeza (2014) übersetzten Geschichte Italiens.
Im englischsprachigen Raum war der Ruhm des Florentiner Historikers von Höhen und Tiefen geprägt. Seine Schriften scheinen hier eher als Repertoire für die Sammlung von Aphorismen von Interesse gewesen zu sein, denn als tatsächliche Texte mit eigener Autonomie und Individualität. Tatsächlich waren Übersetzungen vollständiger Werke selten: Erst 1994 wurde die erste Übersetzung von Dialoge über die Regierung von Florenz ins Englische erstellt, herausgegeben von A. Brown, gefolgt von den Übersetzungen des Discorso di Logrogno (Diskurs von Logrono) (1998, herausgegeben von A. Moulakis) und von Maximen und Reflexionen/Vom politischen und bürgerlichen Leben (2000, übersetzt von N. Hill Thomson). Weder Geschichte Italiens – deren letzte Version in englischer Sprache aus dem Jahr 1970 stammt – noch andere Texte erhielten in den letzten dreißig Jahren das Privileg einer unabhängigen Veröffentlichung.
Auf Englisch sind vereinzelte Passagen aus Guicciardinis Werken häufig in Drucken von Anthologien enthalten. In den letzten Jahrzehnten wurden folgende Veröffentlichungen verzeichnet: Cambridge translations of renaissance philosophical texts, 2. Political philosophy (1997); The sweetness of power: Machiavelli’s discourses & Guicciardini’s considerations (2002); Debating foreign policy in the Renaissance: Speeches on war and peace by Francesco Guicciardini (2017); The defeat of a Renaissance intellectual: Selected writings of Francesco Guicciardini (2019).
Selbst in Russland, einem Land mit einer langen Forschungstradition bezüglich Guicciardini, wurden im 21. Jahrhundert wichtige Übersetzungen angefertigt. Maximen und Reflexionen/Vom politischen und bürgerlichen Leben wurden 2004 im Rahmen einer von Muravyova und Feldstein für die Russische Akademie der Wissenschaften herausgegebenen Ausgabe übersetzt und anschließend 2009 und 2017 neu aufgelegt. Im Jahr 2018 wurde die von Yusima herausgegebene Übersetzung von Geschichte Italiens für die Russische Akademie der Wissenschaften in zwei Bänden veröffentlicht.
Außer den oben genannten Ländern scheint sich kein anderes Land im betreffenden Zeitraum einer ebenso systematischen Umsetzung der Werke Guicciardinis gewidmet zu haben. Maximen und Reflexionen/Vom politischen und bürgerlichen Leben (2014) und eine Anthologie der Maximen des Florentiner Historikers (2012) sind kürzlich auf Chinesisch erschienen. Außerdem wurde Maximen und Reflexionen/Vom politischen und bürgerlichen Leben, von P. Rademakers (2017) kürzlich ins Holländische übersetzt. Dialoge über die Regierung von Florenz (2019) wurde von J. M. Elexpuru Arregi auf Baskisch veröffentlicht. Es scheint weder auf Portugiesisch noch auf Deutsch aktuelle Übersetzungen zu geben.