Paolo Volponi in anderen Sprachen
Autor: Richard Dixon
Richard Dixon lebt und arbeitet in Italien. Er übersetzte Werke von Giacomo Leopardi, Carlo Emilio Gadda, Umberto Eco, Roberto Calasso, Paolo Volponi, Stefano Massini, Marcello Fois, Adrián N. Bravi und Gianni Solla. Seine Übersetzung von Die Weltmaschine von Paolo Volponi wird im Mai von Seagull Books und University of Chicago Books unter dem Titel The World Machine veröffentlicht.
Paolo Volponis Romane erzählen von der bäuerlichen Armut im Italien der fünfziger und sechziger Jahre, der Landflucht und der Ausbreitung der Städte sowie dem Entfremdungseffekt durch die schnelle industrielle Expansion. Aber für die Leserinnen und Leser von heute scheinen sie auch weiter zu blicken: Sie deuten bereits die globalen Krisen der Gegenwart und die Probleme des Lebens und der Arbeit in der postindustriellen Gesellschaft an.
In diesem Jahr wird Volponis hundertster Geburtstag gefeiert, denn er kam am 6. Februar 1924 in Urbino zur Welt. Zu den Veranstaltungen im Gedenkjahr gehört auch eine Ausstellung, die bis zum 31. Dezember in der Fondazione Carlo e Marise Bo zu sehen ist und zum Teil den übersetzten Werken von Volponi gewidmet ist – zu diesem Thema werden Titelseiten der Bücher und die Korrespondenz mit seinen Übersetzern ausgestellt.
Volponi verzeichnete seinen ersten Erfolg als Dichter mit Le porte dell’Appennino, für das er 1960 den Premio Viareggio erhielt. Seine acht Romane zeichnen sich durch einen sehr poetischen Stil aus.
Von 1956 bis in die frühen siebziger Jahre war Volponi Leiter der sozialen Dienste bei Olivetti in Ivrea. Diese Erfahrung wirkte sich entscheidend auf sein Denken und sein Schreiben aus.
In seinem ersten Roman, Memoriale, der 1962 erschien und in einer großen Fabrik in Norditalien spielt, ist die Hauptfigur ein Arbeiter, Albino Saluggia, der die Entfremdung des modernen Fabriklebens selbst erlebt. Zwei Jahre später erschienen die Übersetzungen ins Englische (My Troubles Began, Übers. Belén Sevareid, Grossman, New York), ins Französische (Pauvre Albino, Übers. Maurice Javion, Grasset) und ins Deutsche (Ich, der Unterzeichnete, Übers. Piero Rismondo, S. Fischer Verlag, Frankfurt, 1964). Volponis spanischer Übersetzer, der berühmte Schriftsteller Manuel Vázquez Montalbán, musste in der Zelle im Gefängnis von Lérida arbeiten, denn ein Gericht hatte ihn zu einer dreijährigen Haftstrafe wegen Beteiligung an einem Streik zur Unterstützung der Bergarbeiter in Asturien verurteilt. Am 19. November 1963 schrieb Volponi ihm:
Lieber Manuel Vázquez Montalbán,
in einer Zeitung las ich, dass Sie für den Verlag Seix Barral meinen Roman Memoriale ins Spanische übersetzt haben, während Sie in Lérida aus Liebe zu Ihrem Volk und zur Freiheit inhaftiert waren.
Diese Nachricht hat mich tief bewegt, und ich fühle die Verantwortung, Ihnen zu schreiben, was in einer Gesellschaft wie der heutigen häufig zu kurz kommt durch die Last der Verpflichtungen, der Kompromisse, des gesellschaftlichen Drucks, der Ambitionen usw.
Montalbán vollendete die Übersetzung mit Salvador Clotas, und Memoriale erschien 1964 bei Seix Barral in Barcelona. Weitere Übersetzungen des Romans erschienen gegen Ende der sechziger Jahre auf Polnisch (Pamiętnik albina, Übers. Wanda Gall, PIW, Warschau, 1967), Serbisch (Meмopиjaл, Übers. Bakotiħ-Mijuškoviħ, Srpska književna zadruga, Belgrad, 1968) und Japanisch
(『メモリアーレ』, Übers. A. Okubo, Shōraisha, Kyoto, 1969). Die englische Übersetzung von Belén Sevareid wurde in Großbritannien mit dem Titel The Memorandum vom Verlag Marion Boyars (London, 1967) neu veröffentlicht.
Mit seinem zweiten Roman, La macchina mondiale, der 1965 erschien, gewann Volponi den ersten seiner zwei Strega-Preise. Die Geschichte erzählt vom Niedergang und Fall eines autodidaktischen bäuerlichen Philosophen, der glaubt, die Menschen seien Maschinen, die von anderen Maschinen konstruiert würden, und dass die Menschheit immer stärkere Maschinen bauen würde, um die Welt schließlich zu befreien. Übersetzungen des Romans erschienen auf Englisch (The Worldwide Machine, Übers. Belén Sevareid, Grossman, New York, 1967, und Calder and Boyars, London, 1969), auf Deutsch (Die Weltmaschine, Übers. Gerhard Fasterding, S. Fischer Verlag, Frankfurt, 1966, und Piper Verlag, München, 1987) und Französisch (Le Système d’Anteo Crocioni, Übers. M. Javion, Grasset, 1969). Weitere Übersetzungen kamen auf Rumänisch (Maşinăria universului, Übers. Andrei Benedek, Colecţia Meridiane, Bukarest, 1966), Serbisch (Светска машина, Übers. Ivan Klajn, Verlag Protsveta, Belgrad, 1967), Tschechisch (Světa Stroj, Übers. Zdeněk Digrin, Odeon, Prag, 1968) und Japanisch (『アンテオの世界』,K. Chigusa, Hayakawa Shobo, Tachō, 1969) heraus. Die deutsche Übersetzung von Gerhard Fasterding wurde vom S. Fischer Verlag, Frankfurt, 2016 neu herausgebracht, und meine Übersetzung, The World Machine, wird im Mai 2024 von Seagull Books und The University of Chicago Press wieder aufgelegt.
Volponis dritter Roman, Corporale (1974), befasst sich mit der Bedrohung durch die nukleare Katastrophe. Er wurde von Michel Sager ins Französische mit dem Titel Corporel (Robert Laffont,1975) übersetzt.
Il sipario ducale (1975), mit dem Volponi den zweiten Premio Viareggio gewann, spielt im düsteren Kontext des Attentats der Piazza Fontana in Mailand 1969. Übersetzt wurde der Roman ins Französische (Le duc et l’anarchiste, Übers. Michel Sager, Robert Laffont, 1978), Tschechische (Vévodská opona, Übers. Josef Hajný, Jiskry, Prag, 1979), Schwedische (Den hertigliga ridån, Übers. Agneta Lundström, Legenda, Stockholm, 1989) und Englische (Last Act in Urbino, Übers. Peter Pedroni, Italica Press, New York, 1995).
In seinem fünften Roman, Il pianeta irritabile (1978), blickt Volponi in die Zukunft bis ins Jahr 2293. Vier Kreaturen – ein Pavian, ein Elefant, eine Gans und ein Zwerg – tauchen aus der Asche einer Atomexplosion auf und begeben sich auf eine Reise, um in einem neuen Universum eine unwahrscheinliche Rettung zu suchen. Der Roman erschien in zwei Übersetzungen: auf Französisch (La planète irritable, Übers. Louis Bonalumi, Flammarion, 1991) und Japanisch (『怒りの惑星』, Übers. Isao Waki, Shōraisha, Kyoto, 1985). Interessant ist, dass der dritte japanische Übersetzer von Volponi, Isao Waki (1936-2017), an der Universität Poole Gakuin in Osaka lehrte, nachdem er zwischen 1968 und 1980 an der Universität in Rom studiert hatte, und dass er in seiner langen Berufstätigkeit auch Werke von Niccolò Machiavelli, Ludovico Ariosto, Giacomo Leopardi, Alberto Moravia, Primo Levi, Luigi Pirandello, Gabriele D’Annunzio, Giuseppe Lampedusa, Italo Calvino und Dino Buzzati übersetzte.
Il lanciatore di giavellotto (1981) spielt im faschistischen Italien der dreißiger Jahre. Es ist die Geschichte eines Heranwachsenden und vielleicht der am stärksten autobiografische Roman von Volponi. Übersetzungen erschienen auf Holländisch (De speerwerper, Übers. Thea Klok und Hanneke Los, Meulenhoff Editie, Amsterdam, 1984), auf Deutsch (Der Speerwerfer, Übers. Barbara Kleiner, Piper Verlag, München, 1988) und Französisch (Le Lanceur de javelot, Übers. Jean-Marie Laclavetine, 1991). Meine englische Übersetzung, The Javelin Thrower, erschien bei Seagull Books und The University of Chicago Press 2019.
Le mosche del capitale (1989) erzählt von Aufstieg und Fall eines Industriemagnaten und kam auf Spanisch unter dem Titel Las moscas del capital heraus, Übers. Juan Manuel Salmerón Arjona, Editorial Sexto Piso, Madrid, 2015.
Volponis letzter Roman, La strada per Roma, blieb fast dreißig Jahre lang in einer Schublade, bevor er 1991 veröffentlicht wurde. Er erzählt von einem jungen Mann, der das provinzielle Umfeld in Urbino verlassen will, um in Rom zu leben. Mit diesem Buch gewann Volponi zum zweiten Mal den Premio Strega – ein Erfolg, der nur noch von Sandro Veronesi 2020 erreicht wurde. Maja Pflug und Miriam Houtermans übersetzten den Roman ins Deutsche; er erschien unter dem Titel Ich seh dich unter den Arkaden beim Europa Verlag, Wien, 1994.
Insgesamt wurden Volponis Bücher in zwölf Sprachen übersetzt.
Übersetzungen seiner Lyrik erschienen auf Englisch (From Pure Silence to Impure Dialogue: a survey of post-war Italian poetry 1945-1965, herausgegeben und übersetzt von Vittoria Bradshaw, Las Americas, New York 1971), auf Französisch (Écrivains italiens d’aujourd’hui, Les Lettres Nouvelles, Band 3, Dezember 1976) und Tschechisch (Přerušený Ráj. Moderní Italská Poezie, hg. von Vladmir Mikeš und Miloslav Fulín, Československý Spisovatel, Prag, 1967).