Giorgio Bassani in anderen Sprachen
Autor: Rosy Cupo (Università di Ferrara)
Anlässlich des 2016 gefeierten 100. Geburtstags von Giorgio Bassani, ermöglichten eine Reihe von Konferenzen, Studientagen und verlegerische Initiativen eine Bestandsaufnahme der Verbreitung der Werke des Schriftstellers aus Ferrara im Ausland. Die Gesamtbilanz ist mehr als erfreulich: Die Präsenz von Bassanis Werken in der Welt nimmt weiter zu, nicht nur in Europa, sondern auch außerhalb der Grenzen unseres Kontinents, wie die jüngsten chinesischen (2014) und die türkischen (2015) Erstausgaben von Die Gärten der Finzi Contini zeigen.
Die europäische Dimension von Bassanis Schriften basierte – gestützt durch einen kontinuierlichen Vergleich mit der westlichen Literaturtradition, vom französischen 17. Jahrhundert bis zu Robert Louis Stevenson, von Thomas Stearn Eliot bis zum Nouveau Roman – auch auf einer überzeugten Projektion auf einen internationalen Horizont, was eine Aussage des Autors aus dem Jahr 1984 bezeugt: „Der Roman aus Ferrara beinhaltet meine Botschaft an Europa, den tiefen Sinn meines moralischen und bürgerlichen Engagements.“
Dieser Anspruch war schon lange vor dem Erfolg der Ferrareser Geschichten vorhanden. Nach der Veröffentlichung des Romans Storia d’amore (Liebesgeschichte) in „Botteghe Oscure” (dunkle Geschäfte), gelang es Bassani dank der Vermittlung von Marguerite Caetani, die Übersetzung (Love story) in der amerikanischen Zeitschrift „World Review” veröffentlichen zu lassen. Dieser Publikation folgte kurz danach die von Der Spaziergang vor dem Abendessen (The stroll before supper), die bei Literaturkritikern recht erfolgreich war. Von diesen ersten Erfahrungen an legte Bassani großen Wert auf die Wahl des Herausgebers und vor allem des Übersetzers. Ein Engagement, das er im Laufe Jahre unverändert aufrecht erhielt und, das sogar in der Ausübung eines wahren Vetorechts Ausdruck fand (wie zahlreiche Briefzeugnisse belegen, die im Giorgio-Bassani-Archiv in Paris aufbewahrt werden), das er ausübte, wenn die Übersetzung seiner Meinung nach unzureichend war: Dies war in der Tat auch der Grund für das späte Erscheinen der Ferrareser Geschichten in der französischen Literaturlandschaft, wo sie erst 1962 in einem Sammelband von Gallimard unter dem Titel Les lunettes d’or et autres histoires de Ferrare erschienen.
Nach der Veröffentlichung von Ferrareser Geschichten (1956) verstärkte Bassani seine Bemühungen, sein Werk außerhalb Italiens bekannt zu machen. Ermutigt durch die Verleihung des Strega-Preises bemühte er sich um die Zusammenarbeit mit der Internationalen Literaturagentur und fand in deren Direktor Erich Linder bedingungslose Unterstützung. Erneut richtete er sein Interesse vorrangig auf die Vereinigten Staaten, aber seine Erwartungen wurden zu diesem Zeitpunkt allgemein enttäuscht: Der Literaturagent, den er kontaktiert hatte, lehnte das Angebot ab, weil er die Kurzgeschichten für unattraktiv für das amerikanische Publikum hielt, das viel sensibler auf die umfassendere Anlage des Romans reagierte. Fast wie zur Bestätigung dieser Beurteilung stieß die anschließende Veröffentlichung von „Die Brille mit dem Goldrand“ auf großes Interesse und löste einen Ansturm an Anfragen aus aller Welt aus, so dass Bassani seinem Verleger schließlich verkündete, dass er sich endlich als „ wahrer internationaler Schriftsteller“ fühle. Die Brille mit dem Goldrand wurde in Großbritannien und in den Vereinigten Staaten 1960 in der Version von Isabel Quigly (The Gold-Rimmed Spectacles, London, Faber & Faber) veröffentlicht; noch im gleichen Jahr erfolgte die Veröffentlichung in Deutschland der Übersetzung von Herbert Schluter (Ein Arzt aus Ferrara, München, R. Piper & Co. Verlag) und in Argentinien (Los anteojos de oro, Buenos Aires, SUR) übersetzt.
Am 9. Februar 1962 erschien Die Gärten der Finzi-Contini im Verlag Einaudi. Der Roman erzielte sofort einen enormen Erfolg, verkaufte sich innerhalb von fünf Monaten einhunderttausend Mal und gewann den Viareggio-Preis. Am 28. Mai 1965 erhielt Bassani das erste Exemplar der amerikanischen Ausgabe in der Übersetzung von Isabel Quigly (The Garden of the Finzi-Continis, London, Faber & Faber). Von diesem Zeitpunkt an nahm die Verbreitung von Bassanis Werken über die Alpen hinaus stetig zu: Allem voran konzentrierte sich dieser erste Schwung der Verbreitung auf Europa mit Veröffentlichungen in England, Frankreich, Spanien, Portugal und in zahlreichen nördlichen Ländern (Schweden, Dänemark, Holland, Norwegen, Finnland); aber schon bald sollten sie auch Lateinamerika, Israel und Japan erreichen. Jenseits des Eisernen Vorhangs wurde Die Gärten der Finzi-Contini in Ungarn und Polen veröffentlicht. Der enorme Erfolg des Romans bewirkte, dass auch Ferrareser Geschichten endlich in Spanien (Historias de Ferrara, Barcelona, Seix Barral, 1967), in Portugal und in Brasilien (Contos de Ferrara, Lissabon, Atica, 1964) übersetzt wurde – außer in den bereits erwähnten Ländern: Frankreich, England (Prospect of Ferrara, London, Faber and Faber, 1962), Deutschland (Ferrareser Geschichten, München, R. Piper & Co. Verlag, 1964).
Eine starke treibende Kraft für die weltweite Verbreitung von Giorgio Bassanis Werken war auch die Verfilmung seiner Romane oder Novellen, die oft in Zusammenarbeit mit anderen europäischen Ländern erfolgte: „In einer Nacht des Jahres 1943“ (französisch-italienische Koproduktion, 1960); Die Brille mit dem Goldrand, italienisch-französisch-jugoslawische Koproduktion von 1988; und selbstverständlich „Die Gärten der Finzi Contini“, 1970, die 1972 mit dem Oskar für den besten ausländischen Film ausgezeichnet wurden.
1968 veröffentlichte Giorgio Bassani bei Mondadori Der Reiher, seinen letzten Roman, der im folgenden Jahr mit dem Campiello-Preis ausgezeichnet wurde. Auch dieses Werk sollte weltweite Resonanz finden und verlieh Bassani die Möglichkeit, endlich seinen Traum von einer amerikanischen Ausgabe seiner ersten Kurzgeschichtensammlung aus dem Jahr 1971 zu verwirklichen, die in einer neuen Übersetzung von William Weaver unter dem Titel Five stories of Ferrara im New Yorker Verlag Harcourt Brace Jovanovich erschien.
Das letzte zu Lebzeiten des Autors veröffentlichte Werk war Der Geruch von Heu, eine Sammlung von Kurzgeschichten, die 1972 von Mondadori veröffentlicht wurde. Die Verbreitungsdynamik von Der Geruch von Heu und Ferrareser Geschichten war sehr ähnlich: Beide wurden schnell in den europäischen Ländern übersetzt, in denen Bassanis Ruhm mittlerweile gefestigt war: sofort in England, 1974 in Spanien und Deutschland, 1979 in Frankreich . In den Vereinigten Staaten war Der Geruch von Heu erst mit der kürzlich von Penguin initialisierten Neuauflage von Bassanis Gesamtwerken mit einer neuen (dritten) Übersetzung ins Englische, die der englische Dichter und Schriftsteller Jamie McKendrick verschaffte, erhältlich und folgte somit dem 2007 erschienen Die Gärten der Finzi-Contini.