Giovambattista Marino in anderen Sprachen
Autor: Silvia Fabrizio-Costa, Università di Caen Normandie
Die spärliche Bibliographie der Übersetzungen von Giovambattista Marinos Schaffen spiegelt in gewisser Weise die Achterbahn von Erfolg und Misserfolg eines Werks und eines Autors wider, der über lange Zeit im Schatten von Verurteilung und kritischem Desinteresse stand und dessen Werk entsprechend belastet ist, und dies nicht nur im Hinblick auf die Anhänger von Benedetto Croce.
Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts brachte mit zwei Ausgaben des Epos Adone (Adonis) einen wesentlichen Wandel in der Herangehensweise der italienischen Universitätswelt mit sich. Eine davon war aufgrund der enthaltenen Kommentare und Notizen von großer Bedeutung und wurde herausgegeben von Giovanni Pozzi, Mailand, Mondadori, 1976 (mit zahlreichen nachfolgenden Nachdrucken, beginnend mit 1988 für Adelphi); die andere wurde herausgegeben von Marzio Pieri, Bari, Laterza, 1975–1977 (1996 im Rahmen der Ausgaben des Staatlichen Polygraphischen Instituts erneut herausgegeben und überarbeitet, auch aus philologischer Sicht). Zu Beginn des neuen Jahrhunderts erschien eine neue Ausgabe von Adone (Adonis), ebenfalls herausgegeben von Marzio Pieri, Trient, La Finestra (Das Fenster), 2004. Davor erschien bereits im Jahr 2013 die kritische und kommentierte Ausgabe, herausgegeben von Emilio Russo, Mailand, Rizzoli.
Aus den Katalogen der größten Bibliotheken der Welt geht eine wichtige Tatsache hervor: Es gibt keine neuere Übersetzung des gesamten Adone (Adonis) ins Französische, die einzige vollständige Ausgabe ist: Adonis, poème héroïque, traduit en vers français, du cavalier Marin, dédié au Roy, par le président Nicole aus dem Jahr 1662 (Paris, C. de Sercy)! m Jahr 2014 erschien eine hervorragende kommentierte Teilübersetzung der ersten fünf Gesänge in einer zweisprachigen Ausgabe (Paris, Les Belles Lettres) von Marie-France Tristan, einer großen Barockspezialistin und raffinierten sowie originellen Interpretin von Marino. Es sollte der erste der fünf kommenden Wälzer sein. Die Einleitung stammt von Marc Fumaroli, von der Académie française. Unter Marinos weiteren im 20. Jh. auf Französisch herausgegebenen Werken ist nur Madrigaux, trad. de l’italien et présenté par Jean-Pierre Cavaillé zu nennen, eine Gedichtsammlung aus dem zweiten Buch von Rime, die 1992 in Paris von La Différence veröffentlicht wurde.
Im angelsächsischen Raum gibt es dagegen eine sehr aktuelle Übersetzung aus dem Jahr 2019 mit einer Einleitung und Anmerkungen zum gesamten Gedicht: Adonis, translated with introduction and notes by Thomas E. Mussio, Tempe, Arizona, Arizona Center for Medieval & Renaissance Studies. Zuvor gab es nur eine illustrierte Anthologie aus dem 20. Jh., bestehend aus ausgewählten Passagen des Gedichts mit einer Einleitung von Harold Martin Priest, Ithaca, N.Y., Cornell University Press, 1967. Im vergleichenden Bereich kann an die Veröffentlichung von „Sospetto d’Herode“ (Herodes‘ Verdacht) im Jahr 1971 (Lund, C.W.K. Gleerup) – mit einem Kommentar von Claes Schaar – erinnert werden, mit einer parallel angelegten englischen Übersetzung, The Suspicion of Herod, von dem Dichter und Zeitgenossen des Ritters Marino (er wurde zur Belohnung als Cavaliere in den Ordine dei SS. Maurizio e Lazzaro aufgenommen), Richard Crashaw (1613?–1649).
In der germanischen Welt ging man genauso vor – so gibt es eine Veröffentlichung einer antiken Übersetzung aus dem 20. Jahrhundert, begleitet von einem aktuellen Kommentar eines Universitätskritikers. Verdeutschter Bethlehemitischer Kinder-Mord ist die deutsche Übersetzung von La strage degli Innocenti von Barthold Heinrich Brockes (1680–1747), dem berühmten Dichter und Librettisten, der 2012 in Göttingen (bei Wallstein) von dem Polyhistor Jürgen Rathje neu veröffentlicht wurde. Aus Gründen der bibliografischen Sorgfalt soll daran erinnert werden, dass es eine italienische Ausgabe der Übersetzung Verdeutsches Kindermord des Ritters Marino von B. H. Brockes in Giambattista Marino, Panegirici & epithalami, gibt, die von Diego Varini u. and., Lavis (Trient), La Finestra (Das Fenster), 2012 herausgegeben wurde. Einem weiteren Universitätsmitarbeiter, dem Österreicher Alfred Noe, Professor für romanische Sprachen an der Universität Wien, verdanken wir auch die Ausgabe der 1655 erschienenen Übersetzung von Sferza ins Deutsche, eine Tirade von G. B. Marino, und die Eingliederung der Übersetzung in den Kontext der Gegenreformation in Wien 1655: Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655. Textedition und Kommentar, Böhlau Verlag, Wien 2015. Von „Adone“ (Adonis) findet sich dagegen im Deutschen keinerlei Spur …
Der europäische Erfolg des Massakers von „Strage degli Innocenti“ (Massaker der Unschuldigen) im 17. Jahrhundert wird noch heute durch die Neuauflage seiner Übersetzung ins Polnische O zabiciu młodzianków, herausgegeben von Radosław Rusnak, Warschau, Wydawnictwo IBL, 2012, bestätigt. Schließlich wird uns an die Faksimile-Ausgabe der Amsterdamer Ausgabe von La Novelletta (Die kleine Novelle) erinnert. Vierter Gesang mit parallel angelegter polnischen Übersetzung als Gedicht/Bajka, anonym, in Die polnische „Psyche“: migrazioni del IV canto dell’Adone (Migrationen des vierten Gesangs des Adonis), herausgegeben von Luigi Marinelli, Parma, Universität, Fakultät für Literatur und Philosophie, Studienzentrum des Barockarchivs, Zara, 1992. Dank Luigi Marinelli ist eine anonyme Übersetzung von Adone (Adonis) in polnischer Sprache in zwei Bänden erhältlich, der erste mit dem von Marinelli selbst kommentierten Text, der zweite mit dem Kommentar von Krzysztof Mrowcewicz, t. 1–2, La Fenice (Phönix) – IBL, Rom-Warschau 1993.