In anderen Sprachen
8 Januar 2024

Primo Levi in anderen Sprachen

Primo Levi in anderen Sprachen

In den meisten Ländern verlief die Rezeption des Werks vergleichbar mit der in Italien. Zu Beginn wurden die Bücher über das Lager und die abenteuerliche Heimkehr übersetzt (Ist das ein Mensch? und Die Atempause). Dann – ein entscheidendes Datum war hier das Jahr 1984, als die erste Version für die Vereinigten Staaten veröffentlicht wurde – wurde Das periodische System in seiner Verflechtung von Autobiographie, Chemie und Literatur entdeckt; und diese Entdeckung steigerte den Erfolg des Autors im gesamten englischsprachigen Raum und darüber hinaus enorm. Anschließend näherte man sich den anderen Büchern – Der Ringschlüssel, Wann, wenn nicht jetzt?, den Gedichten, usw. -, mit einer besonderen Vorliebe für Die Untergegangenen und die Geretteten, der letzten Reflexion über die verstörendsten und paradoxesten Aspekte der Vernichtung, und erst später den Science-Fiction-Geschichten an. Das Bewusstsein, dass Levi ein großartiger Schriftsteller war, der in der Lage war, sich mit den entscheidenden Fragen der heutigen Welt auseinanderzusetzen, setzte sich nur langsam durch, behindert durch die vorherrschende Vorstellung, dass er im Wesentlichen der Zeuge des Lagers war. Aber dort, wo die Verleger und die Öffentlichkeit zu dieser Überzeugung gekommen sind, konnte schließlich auch der Zeuge Primo Levi in viel größerem Maße gewürdigt werden.

Ein solches Gesamtbild kann von einigen besonderen Notationen profitieren. Zunächst muss unterstrichen werden, mit welcher Sorgfalt der Autor – selbst Übersetzer aus verschiedenen Sprachen von Werken wie Il processo di Kafka (Der Prozess gegen Kafka) oder einigen Texten von Lévi-Strauss – die ersten Versionen von Ist das ein Mensch? vor allem auf Englisch und Deutsch verfolgte und die Arbeit der Übersetzer Stück für Stück mit diesen besprach. Dies zeigt, welch großen Wert er der Verbreitung des Wissens über das Lager in der ganzen Welt und dem Dialog mit dem Nachkriegsdeutschland beimaß.

Bei der 1959 von Orion Press veröffentlichten englischen Version verfolgte Levi Schritt für Schritt die Arbeit des Übersetzers Stuart Woolf und besprach jede Seite mit ihm. Für die deutsche Sprache fand er in Hans Riedt, einem Gleichaltrigen und Kenner der italienischen Literatur, der während des Widerstands gegen die Nazifaschisten Partisan in Italien war, den idealen Partner. Dies war vielleicht die anspruchsvollste Arbeit, da dem Autor besonders viel daran lag, von seinen deutschen Ansprechpartnern verstanden zu werden und ihnen die wahre Sprache des Lagers vermittelt zu können – ein harter Kasernenjargon –, der im Nachkriegsdeutschland beim großen Publikum weitgehend unbekannt war.

Wenn wir unseren Blickwinkel auf einen weiteren Horizont ausdehnen, müssen wir je nach der Geschichte, die die verschiedenen Staaten durchlaufen haben, wesentliche Besonderheiten beachten. Das Kennenlernen Levis in den Ostblockländern – von Russland über Polen bis hin zu den anderen osteuropäischen Staaten – erfolgte beispielsweise sehr spät und ist auch heute noch begrenzt, da es in diesen hier schwierig war, die Geschichte der Judenverfolgungen klar und deutlich zu konfrontieren: Man denke nur daran, dass im Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens die Hauptwerke über das Lager zu Beginn der 1990er Jahre herauskamen, als der Zerfall des Landes im Gange war und so die auf die Vergangenheit gerichtete Aufmerksamkeit recht gering war.

In Frankreich verzögerte sich die Verbreitung von Levis Werken durch eine äußerst schlechte Übersetzung des ersten Buches Ist das ein Mensch?, die zum großen Unmut des Autors veröffentlicht wurde. In den Vereinigten Staaten, wo es – wie wir gesehen haben – seit den 1960er Jahren sogar das „Erstbuch“ auf Englisch gab, machte Levis Bekanntheit erst mit der Veröffentlichung von Das periodische System einen wichtigen Sprung: das heißt, dass im Ausland der Schriftsteller und Chemiker vor dem Zeugen bekannt wurde. In Israel wurden Levis Bücher mit einiger Verzögerung aufgegriffen und Die Atempause wurde vor Ist das ein Mensch? übersetzt. In Japan sowie in Portugal und Brasilien wurde das Werk nach und nach fast vollständig übersetzt. In Argentinien spielte die starke Präsenz der jüdischen Auswanderung aus Italien und die Geschichte der „Desaparacidos“ (Verschwundenen) eine wichtige Rolle bezüglich seiner Verbreitung. Dies, um nur die besonders offensichtlichen Daten zu erwähnen.

Auf jeden Fall ist es eine Tatsache, dass die Untersuchung von Levis Erfolg in verschiedenen Ländern ein besonders interessantes Forschungsgebiet darstellt, aus dem bereits bedeutende Beiträge hervorgegangen sind und dass sich heute mit einigen Daten von unbestreitbarer Neuheit befassen muss. Das anhaltende und wachsende Interesse an dem Turiner Schriftsteller, der im Laufe der Zeit zu einem wesentlichen Bezugspunkt der zeitgenössischen italienischen Kultur geworden ist, wird durch die unzähligen Initiativen bestätigt, die anlässlich seines 100. Geburtstags auf der ganzen Welt gefördert wurden. Die 2015 beim Verlag Liveright in New York, erfolgte Veröffentlichung des Gesamtwerks in englischer Sprache – die einzige vollständige Neuauflage eines italienischen Autors in einer anderen Sprache – wird zweifellos langfristige Auswirkungen auf ein breites kulturelles Universum haben. Die in den letzten Jahren rasant aufeinander gefolgten Übersetzungen ins Chinesische und andere asiatische Sprachen werden auch in naher Zukunft das Schicksal des Autors prägen.

Es lohnt sich dagegen, einige weitere Überlegungen zur jüngsten amerikanischen Übersetzung anzustellen. Der Schöpfer des Unterfangens, Robert Weil, musste allem voran ein Problem lösen, das allen Ländern gemeinsam war, in die im Laufe der Zeit viele von Levis Werken übersetzt wurden: Er musste große Energie aufwenden, um die Rechte von allen verschiedenen Verlagen zu erwerben, bei denen die verschiedenen Werke verbreitet herausgegeben wurden. Anschließend achtete er darauf, der Übersetzung des Gesamtwerks Homogenität zu verleihen, indem er mehrere Übersetzer beauftragte, die alles neu übersetzen sollten, wobei es Aufgabe der Kuratorin Ann Goldstein war, eine angemessene Koordination zu gewährleisten.

Das Ergebnis war sicherlich sehr positiv, auch weil es die Möglichkeit verlieh, Levis Werk in seiner Gesamtheit einem sehr breiten Publikum anzubieten, das über die Unterscheidungen und Vorlieben der Vergangenheit hinausging: nicht mehr zuerst der Zeuge und dann der Autor, sondern ein organisches Korpus von Schriften, die in ihrer Entwicklung verfolgt werden konnten und gleichzeitig die Möglichkeit für transversale Lesarten boten, die es ermöglichten, ihren unerschöpflichen Reichtum zu erfassen.

Insbesondere die amerikanische Übersetzung macht deutlich, wie sehr der Turiner Schriftsteller mittlerweile dazu neigte, sich in seiner komplexen thematischen und stilistischen Vielseitigkeit durchzusetzen und in dieser Form auch auf internationaler Ebene zu einer notwendigen Präsenz im zeitgenössischen kulturellen Kontext geworden ist.

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