In anderen Sprachen
10 Oktober 2023

Italo Calvino in anderen Sprachen – Erster Teil

Autor: Francesca Rubini, Università “La Sapienza” - Rome

Italo Calvino in anderen Sprachen – <i>Erster Teil</i>

Seit 1955 sind die Bücher von Italo Calvino in 67 Ländern erschienen und haben das Bild eines Universalschriftstellers geprägt, der in 56 Sprachen gelesen wird und weltweit als einer der führenden Intellektuellen des 20. Jahrhunderts anerkannt ist. Der Aufstieg des Autors begann Mitte der 50er Jahre, als er als einer der wichtigsten Vertreter der neuen italienischen Literatur vorgestellt wurde, der in der Widerstandsbewegung aktiv war und mit den Namen Pavese und Vittorini in Verbindung gebracht wurde. Nach der ersten Übersetzung von Der geteilte Visconte durch Albin Michel im Jahr 1955 etablierte sich in Frankreich der Verlag Seuil als wichtigster Verleger, Juliette Bertrand übernahm die meisten Übersetzungen und François Wahl wurde zum wichtigsten redaktionellen Berater, der es dem Publikum ermöglichte, die Heraldik Trilogie (1955-62), Italienische Märchen (1959), Der Weg nach San Giovanni und andere Geschichten (1964), Der Tag eines Wahlhelfers (1966) und die Erzählungen Cosmicomics (1968-70) kennen zu lernen. Ab 1956 (Vereinigtes Königreich) und 1957 (Vereinigte Staaten) ist Calvino dank der Arbeit von Archibald Colquhoun auch auf dem englischsprachigen Buchmarkt präsent: Seine Übersetzungen von Wo Spinnen ihre Nester bauen (1956-57) und Unsere Vorfahren (1959-62) erscheinen gleichzeitig auf beiden Seiten des Atlantiks, während die erste Ausgabe der Kurzgeschichten (1957) ausschließlich in London und die von Italienische Märchen (1959, Übersetzung von Louis Brigante) in New York gedruckt wird. Cosmicomics ist der erste Band, der 1968 von William Weaver übersetzt wurde, der daraufhin die nächsten zwanzig Jahre die englische Stimme Calvinos war. Der Vertrieb der kastilischen Ausgaben kennzeichnet sich dagegen durch eine offensichtliche Anomalie: Sie erscheinen ab 1956 in Argentinien und erst ab 1970 in Spanien (vorausgegangen waren zwei katalanische Ausgaben im Jahr 1965). Aurora Bernárdez, die Calvino zu seiner vertrauten Übersetzerin wählt, ist Frau des Schriftstellers und Freundes Julio Cortázar und stammt ebenfalls aus Buenos Aires. Aus ganz verschiedenen Gründen wurde ab 1957 auch die umfangreiche Auflage in deutscher Sprache aufgeteilt, in Westdeutschland an Fischer und in Ostdeutschland an Volk und Welt, die sich beide hauptsächlich für die Trilogie und die Märchen interessierten. Zwischen Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre machte sich Calvino in den Ländern Mitteleuropas und Skandinaviens einen Namen, wo er entscheidende Verlagsbeziehungen aufbaute: in Dänemark (1959) mit dem Nyt Nordisk Forlag Arnold Busck; in Schweden (1959) mit Bonnier und der Übersetzerin Karin Alin; in Finnland mit Tammi (1960). Während diese Länder ein systematisches und dauerhaftes Interesse an dem Autor bekundeten, beschränkte sich Calvino in Norwegen (1961) und den Niederlanden (1962) auf ein episodisches und isoliertes Debüt und verschob seine wahre Etablierung um viele Jahre. Dieses Phänomen wiederholte sich auch in Osteuropa und jenseits des Eisernen Vorhangs, wo sich der Erfolg erst in den 80er Jahren einstellte, aber die ersten sporadischen Übersetzungen in Jugoslawien (1959-66, auf Kroatisch, Serbisch und Slowenisch) und in der Tschechoslowakei (1959-65, auf Tschechisch und Slowakisch) verzeichnet wurden. Das Angebot polnischer (1957), ungarischer (1957), estnischer (1959) und rumänischer (1963) Verleger war deutlich ausgeprägter, während Calvino in Russland ab 1959 als neorealistischer und kämpferischer Autor einer Ideologie zugeordnet wurde, in deren Rahmen die Cosmicomics 1968 als verlässliches Science-Fiction-Werk präsentiert wurden. Das europäische Panorama wird durch die portugiesischen Übersetzungen vervollständigt, die seit 1960 in Lissabon kursierten, aber ab 1970 von neuen Verlegern und Übersetzern in Brasilien wieder aufgegriffen wurden. Die weltweite Dimension der Verbreitung von Calvino wird durch die Anfänge in Japan (1964) und die ersten vereinzelten Versuche in Südafrika (1966), Iran (1967) und Kuba (1968) vervollständigt.
Zwischen 1955 und 1970, der Zeit seines Debüts und seiner Entdeckung, ist die Verbreitung seiner Werke ausgesprochen unausgewogen. In Italien hatte Calvino Ende der 60er Jahre bereits mehrere „Kurswechsel“ erlebt, von der Lebenskraft, die in der Folge des Widerstands zum Ausdruck kam, bis hin zum Bestreben, durch das Formen einer neuen Kultur zum Aufbau einer neuen Gesellschaft beizutragen; von der schrittweisen Überwindung des realistischen und allegorischen Ansatzes bis hin zu einer radikalen Neudefinition der Statuten des Literarischen durch Kontaminationen mit anderen Codes und Wissensgebieten. Die neuen Wege, die er als Schriftsteller begeht, spiegeln sich in seiner Wanderschaft durch die verschieden Städte wider (der Umzug von Sanremo nach Turin führt nach Rom und dann nach Paris, mit New York als Wahlheimat), während das Bewusstsein reift, jede Position, jede Beziehung, jede Entscheidung an einem Horizont messen zu müssen, der nicht mehr italienisch, sondern international ist. Aus dieser komplexen Wegstrecke, die eine Reihe von Reiserouten beinhaltet, wählen ausländische Verleger nur einzelne Momente und Erfolge aus, die zwangsläufig zu einer Verflachung der thematischen Perspektiven und der experimentellen Haltung des Autors führen. Von einigen Ausnahmen abgesehen, zeichnet das internationale Verlagswesen das Profil eines fast ausschließlich phantastisch-allegorischen Fabulierers und belohnt somit die italienischen Verkaufserfolge, wie Calvino in einem Brief an die amerikanische Herausgeberin Helen Wolff vom 11. März 1968 erinnert: „Sogar in Italien muss ich sagen, dass ich mit phantastischen Dingen immer mehr Glück hatte (als Verkaufserfolg; die Kritiker hier hingegen möchten, dass ich mich nur mit „ernsten“ Dingen beschäftige)“. Unter den „phantastischen Schriften“ ragen die 26 Auflagen in 20 Ländern von Der Baron auf den Bäumen heraus, ein Werk, das zu diesem Zeitpunkt einen absoluten Rekord darstellt und auch die nachfolgenden Erfolge von Der geteilte Visconte (21 Auflagen in 19 Ländern) und Der Ritter, den es nicht gab (18 Auflagen in 17 Ländern) begründet hat. Der Band Italienische Märchen (14 Ausgaben in 12 Ländern) verdankt seinen Erfolg einer vielfältigen Zusammenstellung, die zum einen den Kinderbuchmarkt, aber auch das historisch-folkloristische Interesse anspricht. Es besteht eine starke Tendenz zu einer abweichenden Chronologie in Bezug auf die Reihenfolge der Veröffentlichungen in Italien: Von 29 Ländern präsentieren nur acht (Argentinien, Kroatien, Polen, Portugal, Vereinigtes Königreich,
Tschechische Republik, Vereinigte Staaten, Ungarn) Wo Spinnen ihre Nester bauen als erstes Werk, während 16 (Brasilien, Kuba, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Deutschland, Japan, Iran, Norwegen, Niederlande, Serbien, Slowakei, Spanien, Schweden, Schweiz) mit einem der Romane der Trilogie debütieren; von den 12 Ländern, die Cosmicomics veröffentlichen, verlegt die Hälfte das Werk von 1965 vor dem Debütroman. Zu den wichtigsten Daten gehört zweifelsfrei der Erfolg von Cosmicomics (13 Ausgaben in 12 Ländern), der die Zahl der Übersetzungen von Der Tag eines Wahlhelfers oder Die argentinische Ameise verdreifachen und die des vernachlässigten Marcovaldo vervierfachen konnte. Diese alternative Auswahl in Bezug auf das italienische Gesamtwerk vereint das Verhalten vieler Verleger, die, nachdem sie Calvino mit seinen erfolgreichsten Titeln (der Trilogie und der Märchensammlung) eingeführt hatten, in der zweiten Hälfte der 60er Jahre dazu neigten, eher auf die Neuheit (also Cosmicomics) zu setzen, als auf die am Widerstand inspirierten Nachkriegswerke (nur zwei Übersetzungen von Zuletzt kommt der Rabe) oder verschiedene Kombinationen der Kurzgeschichten. Eine Wahl, die in einigen Fällen durch die unmittelbarere Einordnung der Cosmicomics in den Rahmen der Science-Fiction begünstigt wird, ohne die neuen Elemente, die erkenntniskritischen Absichten und die stilistische Recherche hervorzuheben. Calvino ist sich dieses veränderten Images bewusst und versucht es manchmal zu korrigieren (indem er sich über starre oder oberflächliche Interpretationen beklagt und eine problemorientierte Lektüre seiner Texte fordert), manchmal scheint er allerdings seine Wiedererkennbarkeit auf der internationalen Bühne festigen zu wollen, indem er leichter verständliche Wege (kohärenter und zugänglicher) für ausländische Leser einschlägt. In jedem Fall ist die direkte Konfrontation der eigenen Person mit einem anderen Publikum eine mit großem Interesse gelebte Erfahrung und eine weitere Entdeckung. Calvino entdeckt die Notwendigkeit, seine eigene Biografie, Struktur, sprachlichen Lösungen und die Chronologie seiner Werke zu manipulieren, um die Möglichkeiten der Kommunikation mit der Außenwelt zu optimieren. Wenn es die Umstände erlauben, verfolgt er jede Phase der Buchproduktion, von der Übersetzung bis zu den redaktionellen Entscheidungen, von der Zusammenstellung der Paratexte über die Werbestrategien bis zur Sammlung der Pressestimme. Auch wenn die Haltung überall dieselbe ist, wird der Wunsch nach Kontrolle und Beteiligung auf sehr unterschiedliche Weise und in unterschiedlichem Ausmaß realisiert. Frankreich, das Vereinigte Königreich, die Vereinigten Staaten und – in unterschiedlichem Maße – Spanien sind die ersten Länder, in denen Calvino eng mit Übersetzern, Agenten und Lektoren zusammenarbeiten und das Ergebnis der Übersetzung persönlich überprüfen kann.

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