In anderen Sprachen
8 Januar 2024

Carlo Emilio Gadda in anderen Sprachen

Autor: Carolina Rossi, Università di Pisa

Carlo Emilio Gadda in anderen Sprachen

Von 1961 bis heute wurden die Werke von Carlo Emilio Gadda in 18 Sprachen und 22 Länder auf der ganzen Welt übersetzt. Eine überraschende Tatsache, wenn man bedenkt, mit welcher stilistischen und sprachlichen Dichte und Polyphonie sich diejenigen auseinandersetzen müssen, die sich mit dem Grad der Übersetzbarkeit seiner Texte befassen.
Die ersten Übersetzungen wurden ab den 1960er Jahren angestoßen. Zu verdanken war dies nicht zuletzt der Verleihung des Preises „Prix international de littérature“ für Die Erkenntnis des Schmerzes, ein Preis mit dem bereits die Werke von Autoren wie Samuel Beckett und Jorge Luis Borges auf internationaler Ebene ausgezeichnet wurden. Zwischen 1963 und 1966 erfolgte in Europa die erste Anerkennung des Autors mit wichtigen Veröffentlichungen wie der deutschen Ausgabe von Cognizione del dolore (Die Erkenntnis des Schmerzes, 1963) ergänzt durch ein Nachwort von H. M. Enzensberger, gefolgt von der Holländischen (De ervaring van het verdriet, 1964), der Spanischen (Aprendizaje del dolor, 1965) und schließlich der Portugiesischen (O conhecimento da dor, 1966).
Die wachsende Bekanntheit von Gadda im Ausland ist insbesondere auf die immer zahlreicher werdenden Ausgaben von Quer pasticciaccio brutto de via Merulana zurückzuführen, ein Werk, das 1961 erstmals ins Deutsche übersetzt wurde (Die gräßliche Bescherung in der Via Merulana) – und dies trotz der nur wenige Monate nach der Veröffentlichung des Buches in Italien im Jahr 1957 bereits begonnenen Verhandlungen mit Éditions du Seuil bezüglich der Veröffentlichung in französischer Sprache. Die Übersetzung des Romans (L’Affreux pastis de la rue des Merles) von Louis Bonalumi sollte erst 1963 mit einem Nachwort von François Wahl – Herausgeber des berühmten Pariser Verlagshauses, den Gadda im Sommer 1958 persönlich kennenlernte und dem er seine begeisterte Mitarbeit bei der Überarbeitung der Korrekturabzüge anbot – herausgegeben werden. Diese beiden Ausgaben markierten den Beginn einer langen Reihe von Übersetzungen: Allein 1965 erinnern wir uns an die englische (in den Vereinigten Staaten und im Vereinigten Königreich verbreitete), die deutsche, die spanische und die tschechische Übersetzung. Bis heute ist Die gräßliche Bescherung mit 37 Übersetzungen in 16 Sprachen (darunter Japanisch, Finnisch, Serbokroatisch, Hebräisch und Rumänisch) das meistgelesene Werk Gaddas außerhalb der italienischen Grenzen und bestätigt so dessen grundlegende Rolle als Grundstein des Erfolgs des Autor.

Die unerwartete Popularität sicherte Gadda in diesen Jahren eine ganze Reihe von Angeboten seitens ausländischer Verlage. Die Rechte für die Verbreitung, den Vertrieb und die Veröffentlichung seiner Werke wurden von einer der prägendsten Persönlichkeiten im kulturellen Umfeld der Zeit verwaltet, dem Literaturagenten Erich Linder, der persönlich die Beziehungen zwischen italienischen und ausländischen Verlagen regelte und für den rechtlichen Schutz ihrer Autoren bei Transaktionen verantwortlich war. Zu Linder gesellten sich in Gaddas Fall zwei herausragende Editoren: Pietro Citati und Gian Carlo Roscioni, Angestellte bei den Verlagen Garzanti und Einaudi. Die seitens der Editoren erfolgende Vermittlung in den Beziehungen zwischen Autor und Verlagswelt hatte teils entscheidende Konsequenzen auf das Schicksal dessen Werke im Ausland: So enthielt die englische Übersetzung von Erkenntnis (Braziller 1969; Owen 1969) beispielsweise dank Roscionis Eingreifen bereits ein Jahr vor der italienischen Ausgabe zwei letzte Kapitel, die zuvor aufgrund des ausdrücklichen Vetos des Autors unveröffentlicht geblieben waren. Ihre Veröffentlichung war der engen Zusammenarbeit zwischen Einaudis Editor und dem englischen Übersetzer William Weaver zu verdanken, der aufgrund der bekannten Verschlossenheit des Autors ausdrücklich erklärte, dass im Verlauf der Übersetzung häufig auf Roscionis Unterstützung zurückgegriffen habe.
Nach den 1960er Jahren gingen die Übersetzungen von Gaddas Werken allgemein zurück, bis Dante Isella in Italien mit einer beeindruckenden Studienarbeit und philologischen Aufarbeitung der Nachlässe des Schriftstellers begann, die in die Gesamtausgabe der Werke von Garzanti einflossen. Diese Initiative stieß auf große Resonanz und führte zu einer neuen Periode redaktionellen Erfolgs für Gaddas Arbeit im Ausland: Zwischen 1982 und 2002 wurden weltweit 82 Ausgaben veröffentlicht. Insbesondere in Frankreich, wo Gadda schon immer ziemlich bekannt war, wurden viele unveröffentlichte Werke veröffentlicht, die in diesen Jahren aus der Schreibwerkstatt des Ingenieurs hervorgingen, darunter Novella seconda (Zweite Novelle) (Bourgois, 1987) und La mécanique (Seuil, 1992). Diese und viele andere verlegerische Initiativen, die in den meisten Fällen auf den Übersetzer und Kritiker Jean-Paul Manganaro zurückgingen – einem wahren „Passeur“ der italienischen Literatur in Frankreich – trugen dazu bei, die lange Treue der frankophonen Kultur zu Gadda zu untermauern (allein die französischen Übersetzungen belaufen sich auf mehr als ein Viertel der Gesamtanzahl an Übersetzungen)

Seit Anfang der 2000er Jahre ist das Interesse an der Arbeit des Ingenieurs allgemein zum Erliegen gekommen, konnte aber in den letzten Jahren wieder angestoßen werden durch:
1) Nachdrucke renommierter Übersetzungen wie denen von Weaver (That Awful Mess on Via Merulana, New York Review Books Classics, 2007) sowie Petit, Masoliver und Muñiz (Aprendizaje del dolor, Días contados, 2011), beide aus dem Jahr 1965;
2) neue verlegerische Initiativen, die das neue Interesse nordeuropäischer Länder an der Arbeit des Ingenieurs bezeugen (die erste Übersetzung von Die gräßliche Bescherung ins Finnische stammt aus dem Jahr 2010, 2011 folgte die niederländische Übersetzung von Die Erkenntnis und 2013 die dänische Übersetzung);
3) Neuübersetzungen bereits veröffentlichter Werke, wie etwa die von Richard Dixon für Penguin Classics The Experience of Pain (2017), die ausgehend von der Wahl des Titels die Abkehr von Weavers Übersetzung markiert (bis 1985: Acquainted with Grief). Dixon übersetzte 2019 auch die Erzählung The Mother, die Teil der Sammlung The Penguin Book of Italian Short Stories wurde.
Die beiden Titel Die Erkenntnis des Schmerzes und Die gräßliche Bescherung in der Via Merulana, die in den letzten Jahren offensichtlich eine besonders große Aufmerksamkeit seitens ausländischer Verlage genossen, bestätigen die aktuelle Präsenz Gaddas im internationalen Literaturkontext im Zeichen der Erzählform des Romans.

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