Ein Buch, das ich gerne übersetzen möchte
30 Oktober 2024

Ferito a morte

Autor: Martin Hallmannsecker und Verena von Koskull

Ferito a morte

Raffaele La Capria, Ferito a morte, 1961

 

© elena.biagi@mondadori.it

 

Jeden Monat bittet newitalianbooks einen Übersetzer, ein Buch vorzuschlagen, das er gerne in seine Sprache übersetzen würde (ein Buch, das noch nie übersetzt wurde oder von dem er glaubt, dass es erneut übersetzt werden sollte).

Diesen Monat haben zwei Übersetzer aus dem Italienischen ins Deutsche, die jeweils unabhängig voneinander kontaktiert wurden, beide dasselbe Buch vorgeschlagen: Ferito a morte (Zu Tode verletzt) von Raffaele La Capria.

Ein wirklich einzigartiger Zufall!

Nachfolgend veröffentlichen wir die beiden uns zugesandten Karten von Martin Hallmannsecker und Verena von Koskull.

 

 

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Lange vor Elena Ferrante wurde Neapel ein literarisches Denkmal gesetzt, das seinem damals 39jährigen Autor den Premio Strega von 1961 einbrachte. Raffaele La Capria nimmt uns darin mit in einen flirrenden Sommer der 1950er Jahre. Sein junger Protagonist Massimo steht vor der gewichtigen Entscheidung, seine Heimatstadt am Vesuv zu verlassen und nach Rom zu gehen, um dort beruflich Fuß zu fassen. Doch scheint ihm ein Arbeitsleben in der Hauptstadt unendlich weit entfernt, er lässt sich durch den Tag treiben, unternimmt Bootsfahrten und Tauchgänge, trifft sich mit Freunden im exklusiven Bootsclub und reminisziert über verflossene Liebschaften. Klar wird: Wer einmal dem Zauber Neapels, des Golfs und seiner Inseln, der eigentlichen Hauptdarsteller des Romans, verfallen ist, wird ihm nur schwer wieder entkommen. Mit seiner wie Sonnenstrahlen auf den Wellen funkelnden impressionistischen Prosa beschwört La Capria eine schillernde Welt herauf, in der jederzeit auch Jay Gatsby oder Tom Ripley um die Ecke biegen könnten.

 

Martin Hallmannsecker hat mehrere Romane, Kurzgeschichtenbände und Sachbücher u. a. von Giovanni Boccaccio, Luigi Pirandello, Carlo Levi, Pier Paolo Pasolini, Domenico Starnone, Alessio Forgione, Mattia Insolia und Mario Desiati übersetzt. 2017 wurde er mit dem Nachwuchsförderpreis des Deutsch-Italienischen Übersetzerpreises ausgezeichnet.

 

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Auf die Gefahr hin, gegen die Vorgabe zu verstoßen, ein bislang noch nicht in meine Muttersprache erschienenes Buch vorzustellen, ist es Raffaele La Caprias Ferito a morte, das auf meiner Übersetzerinnen-Wunschliste ganz oben steht.

Der Roman gewann im Jahr 1961 den Premio Strega und wurde 1963 auch ins Deutsche übersetzt, doch bis auf eine zerfledderte Ausgabe auf eBay und ein paar spärliche Erwähnungen zum Tod des vor zwei Jahren fast hundertjährig gestorbenen Autors ist im Internet keine Spur der deutschen Ausgabe mehr zu finden.

Aufmerksam auf den neapolitanischen Autor hat mich das kürzlich gesehene Amateurvideo eines Freundes gemacht, der La Capria vor zwanzig Jahren besuchte und ihn mehrere Tage lang mit seiner diskreten Kamera in Neapel und auf Capri begleitete – was für eine beeindruckende, tiefberührende Persönlichkeit.

Ferito a morte, das in Italien heute zu den großen Klassikern der italienischen Literatur zählt, widersetzt sich jeder klassischen Form des Romans. Der zwischen der legendären Bar Middleton und dem Yachtclub am Meer verbrachte Sommertag einiger saumseliger, junger Neapolitaner Mitte der Fünfzigerjahre entspinnt sich in einem traumwandlerischen, assoziativen, fragmentarischen Erzählen, das die Chronologie von Erinnertem und Erlebtem auflöst und ein Neapel einfängt, das „dich tödlich verletzt oder betäubt, oder beides zugleich“ – flirrend, strahlend klar und tiefgründig wie das Meer unter dem Vulkan.

 

Verena von Koskull ist Literaturübersetzerin aus dem Italienischen und aus dem Englischen. Sie hat unter vielen anderen Carlo Levi, Alba de Céspedes, Gianrico Carofiglio, Helena Janeczek, Goliarda Sapienza, Antonio Scurati, Igiaba Scego, Gian Marco Griffi und Edoardo Albinati ins Deutsche übersetzt.

 

 

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