Ein Buch, das ich gerne übersetzen möchte
16 Mai 2024

Super-Eliogabalo

Super-Eliogabalo

Jeden Monat fragt newitalianbooks einen Übersetzer danach, welches Buch er gerne übersetzen würde. Diesen Monat präsentiert Antony Shugaar uns:

 

Alberto Arbasino, Super-Eliogabalo, Mailand, Adelphi, 2001

(Erstausgabe Mailand, Feltrinelli, 1969)

 

 

 

diese Anmerkung ist Lawrence Ferlinghetti, Verleger und Dichter, gewidmet

 

SuperEliogabalo von Alberto Arbasino ist ein Buch über Freiheit und Unterdrückung, über Torheit und subtile und scharfsinnige Intelligenz. Es ist ein Buch über Dichotomien: zwischen den Freuden des Körpers und denen des Geistes, zwischen Paris und Rom, dem Norden und dem Süden, der Grausamkeit und der Schönheit, der alten und der modernen Welt. Mit brillanter Ironie (und der daraus resultierenden Dummheit) zeichnet und markiert er diese scheinbar gegensätzlichen Paare neu und stellt unvermutete Verbindungen und verblüffende Grenzlinien her.

SuperEliogabalo markiert einen zentralen und beeindruckenden Moment in Arbasinos Karriere. Einige halten sein früheres Werk, Fratelli d’Italia (der Name ist richtungsweisend: er bedeutet „italienische Brüderlichkeit“ und ist ironischerweise zugleich der Titel der italienischen Nationalhymne), eine „Dolce Vita“-ähnliche Darstellung des intellektuellen und öffentlichen Lebens im frenetischen, neomaterialistischen Italien der späten 1950er und frühen 1960er Jahre, für sein wichtigstes Werk. Vielleicht haben sie recht, aber SuperEliogabalo ist sicher sein interessantestes und lebendigstes Werk.

Was es so bedeutend macht, ist ja gerade seine sprengende Energie und seine Eruptionskraft, eine Dynamik, die darauf abzielt, die Zwänge eines intellektuellen Rahmens zu überwinden, die Arbasino und einer seiner großen Mentoren, Carlo Emilio Gadda, perfekt beherrschten.

Der einengende intellektuelle Rahmen ist der norditalienische, man könnte fast sagen habsburgische (oder österreichisch-ungarische, irgendwo zwischen Kafka, Svevo und Joyce). Die diesen Rahmen brechende unbändige Vorstellungskraft stammt dagegen aus Rom (es ist kein Zufall, dass SuperEliogabalo, das 1968 geschrieben wurde,1969 im gleichen Jahr von Fellinis Satyricon veröffentlicht wurde). Die Kraft entspringt sowohl einer antiken dionysischen Quelle als auch einem italienischen Nationalmythos: einem Mythos antiken Ruhms und – für die Generation, die unter Mussolini aufwuchs, noch wichtiger – einem Mythos der antiken Freiheit.

Die französische surrealistische und visionäre Kunst und Literatur stellen einen weiteren wesentlichen Bezugspunkt dar, wie die Danksagungen zu Beginn des Buches an Antonin Artaud (Theater der Grausamkeit), Luigi Malerba und Jean Gagé (zwei weniger bekannte, aber wichtige literarische Vertreter, der eine italienisch, der andere französisch) belegen.

Wenn dies hier die Inspirationsquellen des Buches sind, aus denen SuperEliogabalo seine Kraft schöpft, und die Hindernisse, gegen die es seine überwältigende Ironie entfesselt, ist seine unglaubliche Popularität und sein Einfluss in Italien ein weiterer Aspekt, der es verdient, berücksichtigt zu werden. Das Buch wurde ursprünglich 1969 von Feltrinelli veröffentlicht, einem Verlag, der sich auf gewagte und revolutionäre Neuerscheinungen spezialisiert hatte. Es wurde 1978 (in einer leicht überarbeiteten Ausgabe) von Einaudi neu aufgelegt, ein angesehener Verleger bedeutender literarischer Neuheiten aus dem In- und Ausland, der eine Bastion der Nachkriegszeit darstellt. Und 2001 wurde es schließlich (in einer leicht überarbeiteten dritten Auflage) von Adelphi, einem der bedeutendsten Verlage Italiens, veröffentlicht.

SuperEliogabalo war ein Meilenstein für mehr als eine Generation. Es stand auf Platz zwei der italienischen Bestsellerliste (noch vor Guareschis Don Camillo), und zwar in der gleichen Woche, in der das Echo des Bombenanschlags auf dem Piazza Fontana durch das geschockte und benommene Italien hallte und das Jahrzehnt des Terrors und des Blutvergießens begann, das in der italienischen Nachkriegsgeschichte als die „bleierne Zeit“ bekannt ist. Und SuperEliogabalo – das Buch, das die antike Geschichte gegen die Oper des 19. Jahrhunderts und die Underground-Comic-Kunst des späten 20. Jahrhunderts, die Dekonstruktion gegen die schwule Selbstverliebtheit, den Terror und den Sadismus gegen die Klarheit und die Gelehrsamkeit und vor allem die faule Dummheit gegen den brillanten und geistreichen Witz ausspielte – blieb in jenen dunklen und bedrückenden Jahren nicht unbemerkt. Die Tatsache, dass es nie ins Englische übersetzt wurde, ist sowohl überraschend als auch bedauerlich: Es ist wie Michelangelos Gefangene, reiner Geist, der darum kämpft, sich von den Zwängen und der Last der Schranken von Literatur und Kunst zu befreien.

 

PS Eine Anmerkung zum vorgeschlagenen Titel: Mit meiner Entscheidung, SuperEliogabalo zu schreiben, möchte ich auf Englisch wiedergeben, was der italienische Originaltitel mit dem Bindestrich, Super-Eliogabalo, für die italienischen Leser damals bedeutete.

Super-Eliogabalo
Super-Eliogabalo
  • Autor/-innen: Arbasino Alberto
  • Jahr: 2001 (1969)
  • Publisher: Adelphi
Super-Eliogabalo
treccani

REGISTRIERUNG IM TRECCANI-PORTAL

Um immer auf dem Laufenden zu bleiben, was newitalianbooks betrifft